Mehr als nur burgundisch

Dass Chardonnay so beliebig wie grandios sein kann, ist nicht wirklich neu. Spannend wird es immer dann, wenn der Chardonnay aus Deutschland kommt und eben gar nicht so schmeckt …

Es gibt Weingüter, die haben alle auf dem Schirm und solche, die sind eher was für Insider. Irgendwo zwischendrin finde ich Martin Waßmer. Es ist nicht so, dass ich noch nicht von ihm und seinen Weinen gehört hätte. Aber wirklich viel getrunken habe ich bis dato auch nicht davon. Woran das liegt? Ich weiß es nicht. Die Weinwelt ist groß und bunt und vielfältig und am Ende ist es wahrscheinlich schlicht unmöglich, alles kennen und probieren zu wollen. Es muss ja auch nicht sein. Wie auch immer, die Tage war Waßmer an der Reihe. Und zwar nicht irgendwie mal eben so, sondern 33 Weine.

Waßmer sitzt tief im Süden, im Markgräflerland. Dort wo man nicht Wein sondern „Wi“ sagt. Ich kenne einige Leute aus der Gegend und bin immer wieder irritiert, wenn sie vom „gude Wi“ sprechen. Das klingt für mich wie unser „Gude wie“ und heißt bei uns soviel wie: „Hallo, wie geht es Dir?“

Es ist warm im Markgräflerland, viel wärmer als bei uns und meistens merkt man das den Weinen direkt an. Sie sind dichter und dicker und alkoholischer. Burgundersorten fühlen sich da unten sehr wohl. So wie eben der Chardonnay.

Waßmers Chardonnays sind so gar nicht dick und dicht und alkoholisch. Sie wirken sehr kühl und sehr französisch. Eher Burgund, als Markgräflerland. Eher still und leise, als aufdringlich und vordergründig. Herausragend ist der 2010 Dottinger Castellberg „GC“, Spätlese trocken. Ein Wein, der im ersten Moment im Glas unscheinbar und eher gereift wirkt, sich aber dann von Minute zu Minute im Glas zu einem Monument entwickelt. Etwas Karamel, ein Hauch von Filz und zarte Anklänge von roten Beeren. Extrem fest im Kern und dicht in der Struktur und mit einer beinahe schon monumentalen Säure ausgestattet. Vielleicht noch einen Tick besser ist der gleiche Wein aus 2011. Ein Hauch von Gummi, Feuerstein und irgendwie verdammt nahe dran an einem Coche-Dury. Ernsthaft, in einer Blindprobe hätte ich Stein und Bein darauf gewettet, dass hier ein Franzose auf dem Tisch steht. So viel Dichte, so viel Eleganz und Finesse. Knochentrocken versteht sich.

Kaufen kann man diese Weine leider nirgendwo mehr. Das ist natürlich schade, aber irgendwie normal. Die neuen Jahrgänge, allen voran der 2015er und der 2014er versprechen aber bereits Großes. Der 2014er dürfte ganz sicher auch zu einem Monument heranreifen. Die Säure ist grandios und die gesamte Anmutung auch wieder – und ich mag es eigentlich gar nicht sagen – sehr burgundisch.

Fotos: Christof Herdt

Dirk Würtz Verfasst von:

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