Viva Rosé …

Wenn schon Rosé, dann nur mit Kohlensäure. Rosé Champagner gehören, wenn sie gut sind, zu den allerbesten Champagnern. Wenn nicht, sind sie nicht der Rede wert.

Ich blogge nie über etwas, was mir nicht schmeckt. Erstens halte ich das für Zeitverschwendung. Zweitens kann ich nur schwerlich etwas Negatives über Kollegen sagen. Ist irgendwie klar. Ergo sage ich lieber nichts. Auch das ist manchmal schwierig. Sage ich nichts, heisst es: „Der sagt nichts. Dem schmeckt es nicht“. Wie ich es mache, ist es falsch …

Über Rosés sage ich meistens nichts, weil sie mir nicht schmecken. Es gibt Ausnahmen. Wenige. Dass mir Champagner nicht schmeckt, kommt eher selten vor. Ich weiss was ich mag und dementsprechend ist mein Trinkverhalten. Ja, das ist nicht sehr kreativ, aber es ist mir egal. Warum ich das erkläre? 26 Rosé Champagner wollten blind verkostet werden und natürlich standen für mich im Vorfeld bereits meine Favoriten fest. Ich wusste zwar nicht genau, was es geben würde, aber wenn alles, was Rang und Namen hat, dabei sein sollte, konnte es wenig Überraschungen geben. Theoretisch. In der Praxis ist es dann doch so, dass Blindproben regelmäßig zu interessanten Ergebnissen führen.

IMG_6542Es gibt Champagner-Marken, die kommen in meiner kleinen Erlebniswelt eigentlich nicht vor. Veuve Clicquot beispelsweise. Ich habe gar nichts gegen diese Marke, ich habe schlicht keinen Kontakt. Die wenigen Male, die ich Veuve trank, waren von keinerlei emotionaler Anziehungskraft. Und dann das. Unter den 25 Champagnern gab es einen, den ich während der gesamten Probe immer mal wieder probierte. Klar, erfrischend, animierend, schlicht süffig. Wenn man Champagner in großen Schlucken aus großen Gläsern trinken soll, dann war dieser genau so ein Kandidat. Es ist klar, was jetzt kommt: Es war Veuve Clicquot. Unfassbar. Hätte mir das vorher einer gesagt, ich hätte laut gelacht. Was nun aber tun? Kann sein, was nicht sein darf? Wo war mein Ausweg? Schnell den Probezettel umpfriemeln, merkt ja eh keiner? Es ist schon merkwürdig, wie sehr man/ich in seinen Welten gefangen ist. Ein Witz eigentlich – ein schlechter. Am Ende musste ich lachen. Also was soll es, das Zeug war gut, richtig gut und wer Rosé-Spaß im Glas haben will, kann mit diesem Veuve nichts falsch machen. Der Vintage 2004 ist übrigens auch gar nicht mal so schlecht. Beide Champagner könnte man erschwinglich nennen. Den normalen gibt es immer mal wieder für um die 45 Euro, den Vintage zwischen 65 und 70 Euro.

IMG_6543Ganz anders hingegen ein Champagner, den ich tatsächlich zum ersten Mal im Glas hatte. Einer, der mich überhaupt nicht berührte und der schmeckte wie Erdbeermilch mit Alkohol und Kohlensäure. Wenig Spiel, kaum Säure, nicht wirklich schlecht, eher Durchschnitt. Auch hier musste ich beim Aufdecken ordentlich lachen – „Armand de Brignac Brut Rosé“. Das ist dieses Zeug, das ganz Hollywood trinkt. Von JAY Z, über Puffirgendwie bis hin zu George Clooney. Ich gebe zu, ich kannte das bisher nur aus den einschlägigen Gazetten. 400 Euro kostet dieser Champagner. Warum, erschließt sich mir nicht. Es kann sich nur um eine Art Promi-Aufschlag handeln. Neulich sah ich eine Doku über den wilden Jet-Set in einem angesagten Club an der Côte d´Azur. Dort goß man sich konstant und ohne Unterlass Dom Perignon aus großen Flaschen über den Kopf anstatt ihn zu trinken. Kann man machen, keine Frage. Wenn schon, dann aber bitte mit dem Armand de Brignac. Ist auch teuer, passt aber besser.

IMG_6546Definitiv trinken sollte man die Rosé Champagner von De Venoge. 2002 Brut Rosé Louis XV war einer der faszinierendsten Champagner der Probe. Deutlich gereift und beim ersten Aussschenken oxidativ, entwickelte er sich im Glas zu einem wahren Prachtstück. Insbesondere in Kombination mit extrem aromatischen Speisen und allem, was eine leichte Schärfe hat, ist das annähernd unschlagbar. Ähnlich der 2006er. Auch der ist etwas oxidativer, dabei aber sehr präzise, präsent und klar. Auch der jahrgangslose Brut Rosé Princes ist ein Knaller. Der ist null oxidativ, sondern ganz frisch und saftig, mit enormen Trinkfluß und einem sympathischen Preis von um die 50 Euro. Die beiden Jahrgangschampagner kosten um die 150 Euro.

Ebenfalls aus 2006 kam der Comtes de Champagne Rosé von Taittinger. Ich bin nicht wirklich konzentriert auf die Farbe eines Rosé Champagners. Dieser hier hatte allerdings eine phänomenale. In der Art von „wenn schon Rosé, dann so“. Absolut knochentrocken wirkte er, mit wenig Frucht aber umso mehr seriösen und feinsten Hefenoten. Keine Spur von belanglosen Erdbeertönchen. Vielmehr monolytisch und fest. Ganz mein Geschmack eben. Der Preis liegt um die 150 Euro.

Unbedingt auf dem Rosé Champagner Zettel sollte man den 2004 Dom Perignon Rosé Vintage haben. Ein Paradebeispiel dafür, dass Champagner dekantiert gehört, weil auch er Luft braucht. Klingt im ersten Moment absurd. Wenn man aber weiß, dass es tatsächlich Champagner-Karaffen gibt, wird das schon wieder viel klarer. Das „Dömchen“ ist ein extrem konzentriertes und dickes Ding, mit einer fantastischen Kohlensäure. Man muss allerdings auch deutlich über 200 Euro investieren. Klingt viel, ist es aber wert. Wenn man will.

Pommery Apanage Rosé gibt es für um die 50 Euro, kann man auch gut haben. Sehr gut sogar. Frisch mit enorm viel Zug und einer wunderbar animierenden Kohlensäure.

Und nun? Fazit?

Wie eingangs erwähnt, sind Rosé Champagner etwas Feines – wenn sie gut sind. Mir persönlich schmecken sie dann gut, wenn sie möglichst präzise, klar und Lichtjahre vom ordinären Erdbeer-Shake entfernt sind. Wird es aufdringlich, mag ich es nicht. Das ist nichts Neues. Wirklich nachdenklich macht mich wieder einmal, wie schwer es doch ist, sich von seinen eigenen Vorurteilen zu lösen. Es ist nicht so, dass ich nicht oft genug in meinen Vorurteilen bestätigt werden würde. Meist aber dann, wenn ich wieder und wieder etwas probiere um zu sehen, ob sich nicht doch etwas ändert. Manches probiere ich aber erst gar nicht – und genau das ist der Fehler. Ich würde allerdings darauf wetten wollen, dass ich diesen Fehler garantiert wieder machen werde …

 

 

 

Dirk Würtz Verfasst von:

2 Comments

  1. 14. Februar 2016
    Reply

    Sehr spannend! Danke. Ist doch gut, wenn sich auch Profis hin und wieder hinterfragen.

  2. […] hat ihn mir mein Lieblingsverleger blind eingeschenkt. Das hilft tatsächlich. Ich erklärte es hier im Blog, die Vorurteile sind einfach kaum zu unterdrücken, wenn man sieht, was man trinkt und automatisch […]

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