Trinkt mehr Silvaner

Silvaner? Franken, Bocksbeutel. Klar. Aber sonst? Will das überhaupt noch einer? Ja, ich!

Sonntags ist ein guter Tag, um seinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Ausgeschlafen, gut gefrühstückt und irgendwie entspannt, lässt es sich viel leichter aufregen… 🙂 Heutiges Thema: der Silvaner. Warum nur bekommt diese wunderbare Rebsorte nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdient? Warum greift der Weintrinker reflexartig zu Burgundersorten, anstatt sich dem Silvaner zuzuwenden – alles natürlich nur dann, wenn gerade kein Riesling zur Hand ist 😉

Gerade gestern habe ich es wieder erlebt. In einer wunderbaren Runde mit Kollegen, Händlern und Weinliebhabern zaubert ein mehr als gelungener Silvaner ein Lächeln auf das Gesicht der Probanden, das relativ schnell dem Erstaunen weicht, welches sich immer einstellt, wenn klar wird, was da im Glas ist. Dabei ist Silvaner eine der genialsten Rebsorten der Welt. Für mich die einzige echte Alternative zum Riesling. Nichts gegen Müller und sämtliche Burgundersorten. Die können gut sein und sind es oft auch. Für mich fehlt allerdings meist dieser eine besondere Moment. Das, was einen Wein einzigartig macht. Das kann, neben dem Riesling, fast nur noch der Silvaner. Muss nicht. Kann!

Herkunft schmeckbar machen ist beispielsweise so etwas, was der Silvaner sehr gut kann. Vorausgesetzt natürlich, der Winzer will das. Oder kann es. Natürlich kann man das nur dann schmecken, wenn man weiß, wie diese Herkunft eigentlich zu schmecken hat. Ein schwieriges Thema, und wenn ich so darüber nachdenke, als Pro-Argument für den Silvaner nicht geeignet. Viel zu kompliziert. Nennen wir es anders:

Silvaner ist eine anspruchsvolle Rebsorte, beinahe hätte ich „seriöse“ geschrieben. Er braucht sehr gute bis exzellente Böden, er will gut behandelt werden, er zickt manchmal ein wenig herum, er lässt sich nur schwer pressen und überhaupt braucht es viel Fingerspitzengefühl. Silvaner wird gern breit und eindimensional, wenn man ihn nicht mit Hingabe behandelt. Und wenn er nicht an der richtigen Stelle wächst, macht es so oder so keinen Sinn. Das unterscheidet ihn übrigens vom Chardonnay. Der wächst überall, außer am Nord- oder Südpol.

Früher wuchs Silvaner auch bei uns in Deutschland beinahe überall. Alleine in Rheinhessen war der Silvaner bis ungefähr zur Mitte des 20. Jahrhunderts die meist angepflanzte Rebsorte. Das hat sich nachhaltig geändert. Heute nimmt die Rebfläche ab und er wächst immer öfter da, wo er auch hingehört – in die besten Lagen. Das merkt man nicht zuletzt dann, wenn man die Silvaner von Keller, Battenfeld-Spanier und Co. probiert. Allesamt großartige Weine. Oder die von Michael Teschke. Ein außergewöhnlicher Winzer, der ganz außergewöhnliche Silvaner macht.

Natürlich ist die Hochburg des Silvaner immer noch Franken. Franken ist quasi Silvaner. Das passt auch gut. Ganz besonders dann, wenn die Weine so sind wie im Jahrgang 2014. Für mich ist das der großartigste Silvaner-Jahrgang überhaupt. Die Weine haben Finesse, Tiefe ohne fett zu sein, Spannung und enormen Trinkfluß. Also alles das, was eine großartige Rebsorte eben so ausmacht. Die Franken füllen ihren Silvaner immer noch gerne in Boxbeutel. Grundsätzlich ist das auch eine gute Sache. Eine Flasche, quasi als Symbol und Alleinstellungsmerkmal. Leider fehlt ein wenig der rote Faden. Mir fehlt ganz besonders die qualitative Verbindung zu diesem Alleinstellungsmerkmal. Im Bocksbeutel sollten die besten, weil typischsten Weine, sein. Sind sie aber leider nicht. Gerade wurde der Bocksbeutel optisch aufgehübscht. Neues Design, neue Haptik. Sieht immer noch aus wie ein Bocksbeutel, keine Frage, ähnelt aber mehr einem Parfum-Flacon. Für die Fläche ist das sicherlich toll. Der Käufer im Supermarkt und Discounter wird dieses Design belohnen. Ich befürchte allerdings, dass die herausragenden Winzer dadurch mehr und mehr vom Bocksbeutel abrücken werden. Die Gefahr, dass der Bocksbeutel künftig für „billig“ steht, ist leider groß. Hoffen wir mal das Beste!

Neben den üblichen fränkischen Verdächtigen Fürst, Sauer und Co., sprießen immer mehr großartige junge und nicht mehr ganz jugendliche Talente aus dem Boden. Sei es durch den klassischen Generationenwechsel, oder eben einfach mal so. Ein junges, großes und noch weitgehend unbekanntes Talent ist Markus Hillabrand. Er macht sensationelle Silvaner (und Müller) und verschenkt die quasi – wie man auf seiner Preisliste sieht. Dicht und ellenlang sind seine Silvaner, dabei immer frisch und fein. Nie fett, mastig und langweilig! Die homepage ist ein Desaster, die Weine sind der Knaller!

Und wer wirklich großen Silvaner, auch noch als VDP.GROSSES GEWÄCHS, probieren will, der muss zu Rudi May. Der hat mit seinen 14ern die Kollektion seines Lebens hingelegt. Da kann man alles blind kaufen.  Nicht zu vergessen ist natürlich auch die Pfalz. Hier wachsen großartige Silvaner, wenngleich der Fokus auf ganz anderen Rebsorten liegt. Schade eigentlich.

Dirk Würtz Verfasst von:

4 Comments

  1. Bertram Reser
    18. Januar 2016
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    Danke für die Übersicht. Also der Hillabrand als Geheimtipp interessiert mich ja wirklich. Die Homepage ist wirklich lustig, man muss echt suchen, bis man sich zurecht findet. Auch die Weine sind eher schwierig zu beziehen, hier gehts wohl am besten: http://www.wein.de/weingut-hillabrand/
    Und man schaue sich die Flaschenfotos an, herrlich…. 🙂

  2. 18. Januar 2016
    Reply

    Absolut d’accord. Es gibt viel zu entdecken mit Silvaner. Leider ist die Nachfrage generell verhalten. Kaum einer traut sich dran, aber wenn die Weine probiert werden erhellt sich das Gesicht der Weintrinker. Wir hatten am vergangenen Freitag eine kulinarische Weinprobe in Leipzig und die ausgezeichneten Silvaner von May aus Franken mit im Gepäck. In Kombination mit den passenden Speisen kam die Rebsorte hammermäßig gut an. Wörtliches Zitat eines Gastes. „Silvaner habe ich zuletzt vor 15 Jahren getrunken. Danke das Sie uns aufgezeigt haben, wie gut der Silvaner doch schmeckt.“ In diesem Sinne auf den Silvaner 🙂

  3. 19. Januar 2016
    Reply

    Sehr geehrter Herr Würtz,

    wir von WEIN-n-STYLE ( Andreas Roppel & Carmen Ruffertshöfer ) setzen uns für die Rebsorte besonders ein. Diese Vielschichtigkeit und Wiedergabe des Standortes begeistert uns auch immer wieder aufs Neue! Neben Riesling ist für uns der Silvaner die Rebsorte die Boden, Klima und Qualität eins zu eins wiedergeben kann. Dies ist wie Sie sagten nicht immer leicht und hängt auch viel vom Geschick des Winzer ab. So wie bei jeden hochwertigem Wein sind die Lagen und qualitativen Ansprüche des Winzers entscheident! Uns beschäftigt der Silvaner momentan so sehr, dass wir uns im letzten Jahr dazu entschlossen haben mit 4 Winzern unseres Vertrauens aus vier verschiedenen Ortschaften, ortstypische Weine zu vinifizieren. Spannend für uns war e,s dass wir unsere Vorstellungen der Vinifikation ( diese natürlich und ohne moderne Önologie ) und der Lese vorgaben und jeder dies auf seine Art umsetze. Es ist sehr spannend und zeigt die Vielfältigkeit dieser Rebsort wieder. Der Jahrgang 2015 war in diesem Falle ein Glücksgriff und zeigt die verschiedenen Muschelkalkböden auf Ihre jeweilige Art perfekt wieder. Es ist auch sehr faszinierend wie unterschiedlich diese Weine sich interpretieren. Zu sehen ist jetzt schon welche Vielfältigkeit dahinter steckt und welche Individualität! Von salzig, mineralisch, kräutrig bis hin zu kühleren, fruchtigeren Aromen. Wir sind schon gespannt wie sich diese Silvaner noch weiter entwickeln. Jetzt heißt es erst noch geduldt haben und auf der Hefe reifen lassen..
    von wegen Silvaner kann immer nur Birne…

    WEIN-n-STYLE
    Andreas Roppel
    Carmen Ruffertshöfer

  4. Thomas Riedl
    14. Mai 2016
    Reply

    Lieber Dirk Würtz,

    schöner Zwischenruf zum Sylvaner! Ich trinke die Sorte zum Essen inzwischen lieber als Riesling und kann nur bestätigen, dass es da landauf landab tolle Weine zu entdecken gibt. Vor allem, aber nicht nur in Franken und Rheinhessen. Ich stimme Phillip Wittmann nicht zu, wenn er dem Silvaner in Rheinhessen die Fähigkeit abspricht, Weine von GG-Niveau erbringen zu können.
    Bei meinen rein privaten Recherchen zu Gemischten Sätzen und historischen Rebsorten (siehe https://chezmatze.wordpress.com/2013/01/27/deutschlands-wurzelechte-gemischte-satze-die-allerletzten/ und https://chezmatze.wordpress.com/2015/04/06/von-hartblau-mohrenkonigin-co-weine-aus-historischen-rebsorten/) bin ich zwangsläufig auch auf die alten Farbspielarten des Silvaners gestoßen: Blauer, Gelber und Roter Silvaner.
    Zehnthof Luckert baut inzwischen den ersten Roten Silvaner aus. Blauen Silvaner mit dem einzigen ST 25-Klon gibt es eine ganze Reihe. Auch da ist übrigens Michael Teschke vorne mit dabei!
    Ganz spannend wird’s, wenn man mal gezielt nach Si(y)lvanern aus Alten Reben sucht. Aus wirklich alten! Also so 1965 und noch früher. Habe ich gemacht, Liste liegt vor. Eine entsprechende Probe organisiere ich gerade. Wäre auch mal ein Thema für ein Vinocamp. Oder?

    Beste Grüße!

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